Die gelegentliche Dosis Wald und See

Ottokar 🦆

Bauchweh

14.01.2021 | Keine Kommentare

Motorboot

Mit dem Sommer kamen immer mehr Menschen in ihren Booten auf den See. Es wurde lauter im Entenparadies. Die Motoren der Boote machten viel Lärm und Wellen und Ottokar musste gut aufpassen, dass er nicht von einem schnellen Boot überfahren wurde. Das fand Ottokar nicht so toll und er traute den Menschen nicht so recht.

Doch viele dieser Boote ruhten tagsüber auf dem See und mit der Zeit gewöhnte sich Ottokar daran. Schliesslich siegte seine Neugier und er wagte sich immer näher heran an die Menschen. Da begannen die Menschen, ihm Brotstücke zuzuwerfen. Das fand Ottokar toll. Er liebte das Brot, obwohl ihm manchmal etwas etwas schlecht wurde, wenn er zu viel davon ass und es auch sonst nicht besonders gesund war für ihn. Doch er konnte einfach nicht aufhören, Brot zu essen, solange die Menschen ihn fütterten. Zum Glück war die Übelkeit nie sehr schlimm und ging immer schnell wieder weg. Es war ungefähr so, wie wenn du zu viele Süssigkeiten isst.

Boote ankern auf dem See
Müll im Wasser

Eines Abends kurz vor Sonnenuntergang schwamm Ottokar wieder einmal zwischen den Booten herum, um noch ein paar Brotstücke zu ergattern, bevor es dunkel wurde und die Boote wieder verschwanden. Auch seine Geschwister schwammen mit ihm, denn auch sie mochten das Brot, trauten sich aber nicht ganz so nah an die Boote heran wie Ottokar. Da sah Ottokar, wie von einem Boot etwas Buntes ins Wasser fiel. Schnell flitzte er hin, bevor seine Geschwister das entdeckten. So etwas Buntes war sicher noch köstlicher als Brot! Und es war auch ziemlich gross.
«Ein Festessen», dachte Ottokar, und schwupps hatte er es auch schon mit seinem Schnabel gepackt.
«Waf ift denn daf fü› ein komifef Fefteffen?», wunderte sich Ottokar und konnte gar nicht mehr richtig reden, weil sich das vermeintliche Festessen um seine Zunge gewickelt hatte. Das fand Ottokar gar nicht lustig. Er kämpfte und würgte ziemlich lange, bis er seine Zunge wieder frei bekam und das bunte Ding herunterschlucken konnte.
«Uff», stöhnte er, «voll anstrengend, das Teil zu essen. Und so gut wie Brot hat das nicht geschmeckt. Eigentlich hat das nach gar nichts geschmeckt. Das war überhaupt kein Festessen, bäh!»

Schlafende Stockente

Bald darauf wurde Ottokar sehr müde.
«OK, Zeit, schlafen zu gehen, ich bin satt und es wird gleich dunkel.»
Dass Ottokar schon müde wurde, bevor es ganz dunkel war, war aussergewöhnlich, das geschah nur sehr selten. Gedanken machte er sich darüber aber keine, weil er sogar zum Denken zu müde war. Gemeinsam mit seiner Mutter und seinen Geschwistern schleppte er sich zum Schlafplatz und schlief sofort ein, noch bevor die Sonne ganz untergegangen war. Was dann folgte, war gar nicht schön: Ottokar wurde geplagt von ganz schlimmen Alpträumen in denen er viel Brot ass und das Brot in seinem Bauch lebendig wurde und ihn kneifte und boxte. Im Schlaf schrie und jammerte Ottokar: «Aua, das tut sooo fest weh! Hilfe! Autsch aua!»
Ottokar schrie so laut, dass seine Geschwister und seine Mutter aufwachten. Die Entenmutter sah sofort, dass Ottokar träumte. Da legte sie sich ganz dicht neben ihn und wisperte ihm ins Ohr: «Sch…sch…sch Ottokar, du träumst nur. Wach auf, dann ist es vorbei.»
Und tatsächlich, Ottokar schlug die Augen auf. Aber er jammerte weiter: «Ich hab› soooo Bauchweh. Mir ist soooo schlecht.»
Und schon musste er sich übergeben. Seine Mutter wurde sehr besorgt: «Was hast du denn? Bist du etwa krank? Oder hast du vielleicht zu viel gegessen heute vor dem Schlafen gehen?»

Da schnatterten seine Geschwister aufgeregt: «Er hat ein ganz grosses Stück Brot gegessen», piepste seine Schwester Josefine.
«Das war nicht nur riesengross, das war auch ganz bunt», fügte Sigiswald hinzu.
«Und er musste ganz lange kauen», meinte Theobald.
«Ja, und es hat ihm überhaupt nicht geschmeckt», wusste Annalena.

Stockente Henne

Jetzt kriegte Ottokars Mutter richtig grosse Angst: «Ohjeh, das war kein Brot. Brot ist nicht bunt. Das war sicher Abfall von den Menschen. Vielleicht eine Plastiktüte oder etwas ähnliches. Oh nein, oh nein, oh nein, armer Ottokar, das ist sehr schlimm.»
«Warum ist das so schlimm?», fragte Platykus.
Die Mutter schluchzte: «Wenn er zu viel davon gegessen hat, kann das seinen Magen verstopfen und dann könnte Ottokar sterben.»
«Aber er hat nur ein Stück gegessen. Das ist nicht zu viel, oder? Ottokar stirbt nicht, er wird sicher wieder gesund», hoffte Amalia.
«Ich weiss es nicht Kinder», antwortete die Mutter, «wir können nichts machen, nur abwarten.»
So verbrachte die Entenfamilie in dieser Nacht lange, schlaflose Stunden und wartete und hoffte, während es Ottokar immer schlechter ging. Irgendwann gegen Morgen schlief Ottokar erschöpft ein und endlich fanden auch seine Geschwister und seine Mutter noch etwas Schlaf.

Nachdem sie in der Nacht so lange wach waren, schliefen die Enten bis in den späten Morgen hinein. Ottokars Mutter schlug ihre Augen als erste auf. Voller Angst schaute sie zu Ottokar. Er schien keine Alpträume mehr zu haben und war ganz ruhig. Zu ruhig? Oh nein, lebte er noch? Doch dann sah die Mutter, dass er noch atmete. Das war gut, Ottokar hatte die Nacht überlebt! Jetzt konnte sie hoffen, dass er wieder gesund wurde.

Junge Stockente Erpel

Bald darauf wachte Ottokar auch schon auf. Er war zwar noch sehr müde, aber das Bauchweh war weg. Und er hatte auch schon wieder Hunger. Sein Hunger war grösser, als seine Müdigkeit: «Jetzt brauche ich ein Frühstück», meinte er.
Das war ein gutes Zeichen! Erleichtert weckte die Mutter Ottokars Geschwister auf und zusammen schwammen sie auf den See hinaus zum Frühstücken. Und was für ein Frühstück! Als sie auf dem See waren, trafen sie nämlich auf einen riesengrossen Teppich aus unzählig vielen kleinen Kriebelmücken. Ottokars Müdigkeit war vergessen und glücklich stürzte er sich auf die Mücken. «Das sind ja hunderte, tausende, millionen milliarden billionen viiieeele!», rief Ottokar begeistert. Da wurde selbst Ottokar einmal so richtig satt. Und von diesen Kriebelmücken würde er bestimmt kein Bauchweh kriegen, die waren viel gesünder für Enten und auch viel nahrhafter als Brot oder gar Plastik oder anderer Abfall, den manche Menschen so achtlos wegwarfen und von dem Enten und andere Tiere krank werden oder gar sterben können.

Mückenteppich auf dem See

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